In unserer „Sprechstunde“ gibt er regelmäßig Infos und wertvolle Tipps zu juristischen Themen und steht euch hier auch Rede und Antwort bei Fragen. Viel Spaß beim Lesen!
Ich bin Mag. Patrick O. Kainz, LL.M., Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Wien. Ich berate meine Mandanten vor allem im Arbeitsrecht, Urheberrecht, Markenrecht, Datenschutz und Fremdenrecht. Mir ist es ein Anliegen, das „Recht“ für ein größeres Publikum zugänglich zu machen. Deshalb werde ich im Rahmen meiner Kooperation mit FragNebenan hier regelmäßig Artikel zu juristischen Themen veröffentlichen.
Sie können mir gern Vorschläge und Fragen, deren Beantwortung Sie interessieren würde, direkt und diskret an mich in meinem FragNebenan-Unternehmensprofil richten oder unter diesem Blogpost kommentieren. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!
1. Darf ein Arbeitgeber in eine Stellungausschreibung schreiben, dass er entweder nur Männer oder nur Frauen für eine Position haben möchte?
In den allermeisten Fällen geht das nicht, weil die meisten Jobs ja unabhängig vom Geschlecht ausgeführt werden könnten. Nur dann, wenn das Geschlecht für die Position wirklich eine Voraussetzung ist (z.B. Bademeisterin in einer reinen Damensauna) wäre eine solche Präferenz zulässig. Gibt es so einen Grund nicht, aber der Arbeitgeber schließt BewerberInnen anderen Geschlechts trotzdem aus, könnte das eine Diskriminierung sein. BewerberInnen, die sich dadurch benachteiligt erachten, können Schadenersatz fordern. Dem Unternehmen droht auch eine Verwaltungsstrafe. Stellenausschreibungen sollten generell so formuliert werden, dass sie auch intersexuelle Personen nicht diskriminieren, zB indem eine geschlechtsneutrale Formulierung der Position (z.B. Bürofachkraft statt Bürokauffrau oder Bürokaufmann) gewählt wird.
2. Darf ein Arbeitgeber weibliche Bewerberinnen im Vorstellungsgespräch nach einer Schwangerschaft fragen?
Nein, das ist in der Regel ein absolutes Tabu und wäre eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Fragen nach einer Schwangerschaft oder gar einen Schwangerschaftstest zu verlangen ist bereits im Bewerbungsverfahren untersagt. Bewerberinnen dürfen bei der Frage nach einer allfälligen Schwangerschaft sogar lügen, wenn sie von ihrer tatsächlichen Schwangerschaft wissen sollten. Der Arbeitgeber hat später kein Entlassungsrecht, wenn er die Bewerberinnen einstellt und sich die Unwahrheit der Angaben herausstellen sollte. Nur dann, wenn Schwangeren bei der angestrebten Position eine Gefahr droht (z.B. wenn der Job das Heben sehr schwerer Lasten verlangt), kann die Nachfrage zulässig sein.
3. Haben ArbeitnehmerInnen Anspruch auf Gehalt, wenn sie auf Krankenstand gehen?
ArbeitnehmerInnen dürfen der Arbeit fernbleiben, wenn sie gesundheitlich beeinträchtigt sind („Krankenstand“). Sie müssen den Arbeitgeber umgehend über ihre Abwesenheit informieren und auch eine ärztliche Bestätigung („Krankschreibung“) übermitteln. Während des Krankenstandes haben ArbeitnehmerInnen gegenüber den Arbeitgebern einen Anspruch auf die sogenannte Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber hat sie also weiter zu bezahlen, auch wenn sie ihre Arbeitsleistung vorübergehend nicht erbringen können. Am Anfang bekommen sie das volle Entgelt vom Arbeitgeber, bei längerer Krankheit oder Folgeerkrankung ein verringertes. Für welche Dauer die ArbeitnehmerInnen dieses Entgelt vom Arbeitgeber erhalten, hängt davon ab, wie lange sie schon in dem Unternehmen beschäftigt sind.
4. Was dürfen ArbeitnehmerInnen tun, wenn sie sich auf Krankenstand befinden?
Kurz gesagt: Nichts, was sich negativ auf eine rasche Heilung auswirken könnte. Wenn der Arzt bei der Krankschreibung strikte Bettruhe verschreibt, dann sollte diese – mit Ausnahme von notwendigen Arzt- oder Apothekenbesuchen – auch eingehalten werden. Schlecht wäre es z.B., wenn man der Arbeit wegen einem Bandscheibenvorfall fernbleibt und der Arzt einem Rückenschonung verordnet hat, man dann aber fleißig beim Nachbarn mithilft, dessen neuen Gartenteich zu schaufeln. Findet der Arbeitgeber heraus, dass seine ArbeitnehmerInnen ihren Krankenstand durch Fehlverhalten verlängert haben, kann er Sanktionen bis zur Entlassung setzen. Letztlich kommt es immer auf das Krankheitsbild an: Sogar der Besuch eines Rockkonzerts während eines Krankenstands kann im Einzelnen dann zulässig sein, wenn sich dadurch positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand (im Anlassfall litt der Arbeitnehmer an Burnout) ergeben könnten.
5. Muss man in Österreich am Karfreitag arbeiten?
Die offiziellen österreichischen Feiertage, an denen man arbeitsfrei hat, findet man vor allem im Feiertagsruhegesetz. Bis vor kurzem war darin der Karfreitag noch als Feiertag für die Angehörigen der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Methodistenkirche genannt. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass ein Feiertag, den nur bestimmte Religionen in Anspruch nehmen können, diskriminierend ist und EU-Recht widerspricht. Österreich hat nun statt dem Karfreitags-Feiertag den „persönlichen Feiertag“ eingeführt. Unabhängig von der Religion können sich ArbeitnehmerInnen einen Tag im Jahr auswählen, an dem sie ganz sicher frei haben können. Sie müssen diesen Wunsch aber ausreichend im Vorhinein bekannt gegeben haben. Der Arbeitgeber kann nicht verhindern, dass seine ArbeitnehmerInnen den von ihnen gewählten persönlichen Feiertag in Anspruch nehmen. Der persönliche Feiertag ist aber ein „falscher“ Feiertag, weil den ArbeitnehmerInnen dafür ein Urlaubstag abgezogen wird. Wer also am Karfreitag frei haben möchte, muss grundsätzlich seinen persönlichen Feiertag auf diesen Tag legen. Ansonsten gibt es noch vereinzelt Kollektivverträge, in denen der Karfreitag für bestimmte Gruppen weiterhin als arbeitsfrei festgelegt ist.
6. Darf der Arbeitgeber private E-Mails, die ArbeitnehmerInnen über ein berufliches E-Mailpostfach versenden und empfangen, lesen?
Es kommt darauf an, ob es eine betriebliche Regelung dazu gibt, dass ArbeitnehmerInnen die beruflichen E-Mailpostfächer auch für private Zwecke nutzen dürfen. Gibt es keine Regelung, oder hat der Arbeitgeber die Privatnutzung sogar ausdrücklich gestattet, darf der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres Einsicht nehmen. Das E-Mail-Konto könnte nämlich auch potenziell sensible Daten der ArbeitnehmerInnen (z.B. E-Mails mit Arztbefunden) enthalten, was zu Konflikten mit dem Datenschutz führen würde. Für die Einsichtnahme bräuchte er meist die Zustimmung der betroffenen ArbeitnehmerInnen oder muss versuchen, eine andere Rechtsgrundlage zu finden.
Ist den ArbeitnehmerInnen die Privatnutzung des beruflichen E-Mail-Accounts nicht gestattet, muss der Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass sich im betrieblichen E-Mail-Account private E-Mails befinden und hätte eher Zugriff darauf. Ein Lesen von klar als privat erkennbaren Nachrichten der ArbeitnehmerInnen ist dadurch aber auch nicht uneingeschränkt zulässig. Der Arbeitgeber wird das Lesen abbrechen müssen, wenn sich aus Betreff oder Inhalt der Nachricht ein klar privater Charakter erkennen lässt, sofern er sich nicht auf eine aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässige Grundlage berufen kann.
7. Können ArbeitnehmerInnen frei entscheiden, wann sie ihren Urlaubsanspruch verbrauchen wollen?
Wann man auf Urlaub geht, ist grundsätzlich zwischen ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern einvernehmlich zu vereinbaren. Beide Seiten haben dabei die Interessen und Bedürfnisse des jeweils anderen (zB Erholungsmöglichkeiten der ArbeitnehmerInnen) zu berücksichtigen. ArbeitnehmerInnen in Betrieben mit Betriebsrat haben eine weitere Möglichkeit: Wenn sie den Urlaubswunsch, der mindestens zwölf Werktage umfasst, zumindest drei Monate im Voraus bekanntgegeben haben, und man trotzdem keine Einigung findet, muss der Betriebsrat den Beratungen beigezogen werden. Bringen auch diese Verhandlungen kein Ergebnis, können die ArbeitnehmerInnen ihren Urlaub auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers antreten. Der Arbeitgeber könnte das noch dadurch zu verhindern versuchen, dass er beim Arbeitsgericht eine Klage gegen den Urlaubsantritt einbringt
8. Was ist der Unterschied zwischen Kündigung und Entlassung?
Bei beidem handelt es sich um Formen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, vor allem durch den Arbeitgeber: Bei einer Kündigung muss man sich an (im Gesetz oder einem Kollektivvertrag vorgegebene) Kündigungsfristen und -termine halten, der Arbeitsvertrag endet also nicht sofort. Die Kündigung verlangt keine Begründung (außer wenn sie später vor Gericht angefochten wird). Eine Entlassung beendet das Arbeitsverhältnis zwar mit sofortiger Wirkung, dafür braucht der Arbeitgeber aber einen wichtigen Grund. Als solche Gründe kommen schwerwiegende Vorfälle in Betracht, die es dem Arbeitgeber unzumutbar machen, die ArbeitnehmerInnen (auch nur für die bei einer Kündigung einzuhaltenden Fristen und Termine) weiter zu beschäftigen. Das kann z.B. ein Waren- oder Gelddiebstahl der ArbeitnehmerInnen sein, aber auch Geheimnisverrat, Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber oder seiner Familie, oder wenn ein Fernfahrer betrunken einen Unfall mit dem Firmenfahrzeug verursacht.
9. Zählt die Abmeldung bei der Krankenkasse als Kündigung?
Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber, die sich von ihren ArbeitnehmerInnen trennen wollen, diese einfach bei der zuständigen Krankenkasse abmelden, ohne ihre Mitarbeiter davon zu informieren. Eine Kündigung kann mündlich, schriftlich oder durch allgemein verständliche Zeichen erfolgen und muss der betroffenen ArbeitnehmerIn unmissverständlich klar machen, dass eine Kündigung ausgesprochen wird. Dazu muss sie auch von den ArbeitnehmerInnen empfangen werden. Bei einer reinen Abmeldung bei der Krankenkasse kann man das allerdings nicht annehmen, vor allem dann nicht, wenn die ArbeitnehmerInnen erst von der Krankenkasse und nicht vom Arbeitgeber über die Abmeldung erfahren. Die betroffenen ArbeitnehmerInnen sind daher nicht gekündigt, also weiterhin aufrecht beim Arbeitgeber beschäftigt und haben, sofern sie sich arbeitswillig und arbeitsbereit zeigen, auch weiterhin einen Anspruch auf ihr Gehalt. Der Arbeitgeber wird daher noch eine „echte“ Kündigung aussprechen und auch die verfrühte Abmeldung bei der Krankenkasse richtigstellen müssen.
10. Kann ich während des Krankenstands gekündigt werden?
Ja, eine Kündigung während des Krankenstands ist tatsächlich zulässig. Der Arbeitgeber muss nur sichergehen, dass die ArbeitnehmerInnen, die ja wegen des Krankenstands nicht im Unternehmen sind, die Verständigung von der Kündigung auch tatsächlich erhalten. Er wird also zB einen eingeschriebenen Brief, Boten oder eine E-Mail mit Lesebestätigung senden müssen. Sollten die ArbeitnehmerInnen während des Krankenstands noch einen Entgeltfortzahlungsanspruch (näheres dazu oben bei der Frage zu Entgelt während dem Krankenstand) gegenüber dem Arbeitgeber haben, kann es notwendig sein, dass der Arbeitgeber das Entgelt sogar über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus für ein paar Wochen weiterzahlen wird müssen.
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